Helma Hörath, Laudatio zur Ausstellungseröffnung am 16. Juni 2010

Mit den blutorangen unterwegs

Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen. Wer kennt sie nicht, diese mittlerweile geflügelten Worte des deutschen Dichters Matthias Claudius aus seinem Werk „Urians Reise um die Welt”. Und wer hat die Wahrheit dieses Satzes nicht schon durch manch eine eigene Reisegeschichte unterstreichen können.

Vier Wände laden hier ein, sich die Welt mit den blutorangen und durch die Augen der Frauen zu betrachten, die ihre Eindrücke vom Unterwegssein mit Öl-, Acryl-, Aquarell- und Marmorierfarben auf Papier, Holz und Leinwand festhielten.

Dabei kommt es den Künstlerinnen nicht vordergründig darauf an, die große Fremde zu zeigen, auch wenn natürlich Landschaften wie in der Toskana, aber auch in Namibia mit einem ganz besonderen licht, einer ganz eigenen Verbindung von leuchtender Farbe und staubiger Farblosigkeit, von Enge und Weite, von Ruhe und Unruhe mannigfaltige Inspirationen bieten.

Die Künstlerinnen machen mit ihren Bildern darauf aufmerksam, sich die Welt genauer anzusehen, die Welt, die hinter unserem Horizont liegt, aber auch den kleinen Kosmos, der sich links und rechts von uns alltäglich neben uns, in uns und mit uns bewegt.

Da ist der Garten, der mit seiner Blütenpracht zum Innehalten auffordert. Da ist die blühende Bergwiese, die zum tiefen Durchatmen zwingt. Da ist der Waldweg und die Allee mit gebogenen Bäumen, die zum Spaziergang einladen. Da sind die Menschen, die mit uns manchmal nur ein Stück des Weges gehen und manchmal unsere ständigen Wegbegleiter sind. Da ist die Stille, die wir alle irgendwann brauchen, um uns dann wieder auf den Weg machen zu können. Da ist die Brücke, an deren Ende ein neues Ziel leuchtet. Da ist der alte Olivenbaum, der uns mit seiner Gestalt beeindruckt, der uns mit dem leisen Rascheln seiner Blätter zum Träumen auffordert, aber auch dazu, seiner Lebensgeschichte sowie die der Menschen an seiner Seite nachzuspüren.

Da sind die Künstler und Künstlerinnen vor uns, in deren Werken wir heute Lebenden unterwegs sein können, um, von ihrer Kreativität immer wieder angeregt, zu eigenen Interpretationen zu kommen.

Da ist der Zauber von Abend und Morgen, von licht und Schatten, von Schmerz und liebe, von Häusern und imposanten Gebäuden der Menschen, von Meer und Berg, von merk-würdigen Naturerscheinungen...

Habe ich Sie am Anfang mit einem literarischen Zitat auf das Unterwegssein mit den blutorangen eingestimmt, so möchte ich das auch zum Abschluss meiner Laudatio tun. Ich habe mir, passend zu dem Ort, an dem wir uns hier befinden, die Lebensweisheit eines deutschen Staatsmannes herausgesucht. Es ist eine Reiseerfahrung von Johann Michael Moscherosch. Er wird im Lexikon nicht nur als Politiker, sondern auch als Satiriker und Pädagoge ausgewiesen. Und mit dieser Berufskombination ist es ziemlich klar, dass er lange vor uns im Lande unterwegs gewesen sein muss. Johann Michael Moscherosch lebte von 1601-1669. Er schrieb irgendwann einmal auf seinem Lebensweg die folgenden Zeilen:

Wer reisen will,
Der schweig fein still,
Geh steten Schritt,
Nehm nicht viel mit,
Tret an am frühen Morgen
Und lasse heim die Sorgen.

Und mit diesen Hintergrundworten wünschen wir blutorangen Ihnen allen eine feine, kleine Augenreise durch unsere Unterwegs-Ausstellung, die noch bis Ende Juli 2010 hier in Teltow in der Potsdamer Straße 62 zu sehen sein wird.

  

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